BVB-Coach Klopp giftet gegen Schiedsrichter

Beim mageren Remis des Meisters in Nürnberg tobt Dortmunds Trainer an der Seitenlinie, weil der Referee mit seinen Pfiffen die große Schwachstelle der Borussia aufdeckt.

Ein halbe Stunde nach Spielschluss hatte sich BVB-Trainer Jürgen Klopp dann doch wieder eingekriegt – trotz des ärgerlichen Ausrutschers beim 1. FC Nürnberg. Fast entspannt saß der Trainer im Bauch des Stadions und verteilte väterliche Ratschläge an Schiedsrichter Tobias Welz, den er für das magere 1:1 des Meisters mitverantwortlich machte. “Hoffentlich schaut er sich das ganze Spiel noch mal an”, sagte Klopp und legte dem Referee, der im dritten Jahr Bundesliga pfeift, eine kritischen Analyse der eigenen Vorstellung ans Herz. “Er ist ja noch jung”, gab sich der 45-jährige Trainer gegenüber dem nur zehn Jahre jüngeren Unparteiischen jovial.



In der Schlussphase der Partie hätte man die beiden Akteure besser nicht in einen Raum eingesperrt. Wie ein Rumpelstilzchen war Klopp an der Seitenlinie entlang getobt und hatte sich immer wieder lautstark über die Welz-Entscheidungen beim Vierten Offiziellen Frederick Assmuth beschwert. Ein besseres Ergebnis für den großen Favoriten sprang am Ende nicht heraus, und so nahm Klopp nach Schlusspfiff die ganze Ladung Frust mit vor die Fernsehkameras.

Standards sorgen für Kopfschmerzen
“Der Schiedsrichter hat uns heute alles weggepfiffen. Es ist unglaublich schwer, eine Partie dann noch in der Spur zu halten”, kochte Klopp. “Es gab Freistöße ohne Ende für nichts, und wir haben sogar mehr Gelbe Karten als der Club bekommen”, sagte der Coach und erinnerte zur Sicherheit noch mal daran, dass seine Mannschaft zuletzt die fairste der Bundesliga war.

Der Schiedsrichter musste als Blitzableiter herhalten. Denn auch wenn nicht alle Entscheidungen glücklich waren, ein schwerer Fehler war dem Unparteiischen in seinem 25. Bundesliga-Spiel nicht nachzuweisen. Der Grund für Klopps Rückfall in längst vergessen geglaubte HB-Männchen-Zeiten war neben den verschenkten Punkten im Titelrennen die offenkundige Anfälligkeit der Schwarz-Gelben bei Standards. Jeder Eckball, jeder Freistoß des Gegners verursacht zurzeit weiche Knie bei der Borussia, die defensiv noch weit entfernt ist von der Stabilität des Doublesiegerjahres.

“In den ersten beiden Spielen haben wir nun jeweils ein Gegentor nach einem Standard bekommen, und in der Vorbereitung hier in Nürnberg waren es sogar drei. An dieses Thema müssen wir rangehen”, räumte Klopp Schwächen ein und deutete gleich die Trainingsschwerpunkte der nächsten Wochen an.

Der Geist ist aus der Flasche
Klopps Team hatte die Partie in Nürnberg eigentlich im Griff gehabt. Doch nach gut einer halben Stunde stand es plötzlich 1:0 für die Gastgeber, obwohl die Clubberer bis dahin keinen einzigen Schuss aufs Tor abgefeuert hatten. Bei einer Ecke sprang Tomas Pekhart höher als Nationalverteidiger Mats Hummels, und weil BVB-Torwart Roman Weidenfeller zu zögerlich agierte, war das Malheur passiert. Zwar gaben die Dortmunder die perfekte Antwort durch das schnelle 1:1 von Jakub Blaszczykowski (40.).

Doch der Geist war nicht mehr in die Flasche zu bekommen: Die Nürnberger entwickelten durch das unverhoffte Erfolgserlebnis viel Mut, der sie auch durch die zweite Halbzeit trug. Fast wären sie vier Minuten vor dem Ende beim herrlichen Pfostenschuss von Robert Mak sogar mit dem Sieg belohnt worden.

Reus ausgewechselt
Das wäre aber vermutlich etwas zu viel des Guten gewesen, nicht nur für Klopps Geschmack. Denn auch sein Team hatte noch gute Chancen. Hummels‘ Kopfball kratzte Javier Pinolan noch von der Linie (63.), und der eingewechselte Julian Schieber scheiterte mit einem Gewaltschuss am glänzend aufgelegten Raphael Schäfer im FCN-Tor (81.). Insgesamt ließ der BVB aber wie schon beim glücklichen Auftaktsieg über Werder viele Wünsche offen. Denn nicht nur hinten wirkt das Team unsicher, bislang fehlt auch der Drive nach vorne.

Neuzugang Marco Reus fand im Zentrum nicht in die Partie und wurde sogar ausgewechselt. Ivan Perisic konnte seinen Startelfeinsatz auf der linken offensiven Seite nicht rechtfertigen. Und auch nach der Einwechslung des geballten zusätzlichen Offensivpotenzials in Person von Schieber, Mario Götze und Kevin Großkreutz fand der BVB gegen die sicher stehende Nürnberger Defensive kaum ein Mittel. “Wir haben Dortmund genervt”, gab Club-Trainer Hecking das simple Rezept gegen die Offensivmaschine preis. Mehr braucht es zurzeit nicht, um dem Meister ernsthafte Probleme zu bereiten
 
Duell mit Hecking
Kein Wunder, dass der Zorn des ehrgeizigen Klopp im Spiel auch seinen guten Kumpel Hecking traf. Bestimmt eine Minute lang lieferten sich die beiden ein hitziges Wortgefecht über den Kopf des Vierten Offiziellen hinweg. “Dieter will ja immer gleich einen Elfmeter, wenn einer seiner Jungs am Boden liegt. Mindestens aber einen Freistoß und Gelb”, ätzte Klopp. Aber dieser Ärger war ebenfalls schnell verraucht. Beide Kontrahenten lagen sich nach der Pressekonferenz schon wieder im Arm. “An der Linie verstehen wir uns einfach nie”, sagte Hecking und zog die Schultern nach oben.

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