Comeback-König Brady bricht alle Rekorde

Dank des Quarterbacks gelingt den New England Patriots die spektakulärste Wende in der Geschichte des Super Bowls. Mit nun fünf Titeln krönt sich Tom Brady zum Besten seines Fachs.

(*Dieser Artikel lief am 6.2.2017 bei zdfsport.de*)

Nach 3:52 Minuten in der Verlängerung gab es kein Halten mehr. Als die New England Patriots die entscheidende Lücke zur Endzone der Atlanta Falcons fanden, stürmten auch die Ersatzspieler auf den Platz. Touchdown. Ende und Aus.

Der Sieg für das Team aus Foxborough, Massachusetts. Die vielen Patriots-Fans unter den 71.000 im NRG-Stadion in Houston schauten sich ungläubig an, heulten vor Glück oder rissen einfach die Arme hoch wie Tom Brady.

„Das war wie eine Lawine“
New Englands Star-Quarterback hatte gerade seine Mannschaft in der ersten so genannten Overtime der Super-Bowl-Geschichte zum größten Comeback der Finalhistorie geführt: 34:28, nachdem die Patriots schon mit 25 Punkten scheinbar aussichtslos zurücklagen. „Das war wie eine Lawine“, sagte Brady nach der denkwürdigen Aufholjagd – selbst noch unfähig, das Erlebte in Worte zu fassen.

„I‘m free to be the greatest here tonight“ – tönte es direkt nach Spielschluss durch die Are-na und natürlich passte dieser Sia-Song bei der 51. Ausgabe des großen Finales im American Football perfekt. Denn mit dem Erfolg krönte sich Brady zum besten Quarterback der National Football League NFL und stellte etliche Rekorde auf. Fünf Finalsiege hat außer ihm kein Spielmacher geschafft.

Damit lässt der 39-Jährige die Legenden Terry Bradshaw und Joe Montana hinter sich. Auch sieben Finalteilnahmen sind unerreicht. Nebenbei warf er einen Endspiel-Rekord von 466 Yards Raumgewinn. Mehr als zehn Punkte Rückstand hatte bislang noch kein Team im Super Bowl aufgeholt. Klar, dass sich Brady zum vierten Mal in der Karriere den MVP-Titel beim Super Bowl sicherte, die Auszeichnung zum wichtigsten Spieler. Auch das natürlich: Rekord.

Mit Tränen in den Augen stand der Ausnahmeathlet nach dieser für ihn so speziellen Saison im Konfettiregen. Dann nahm er unter dem Jubel der Patriots-Fans die Vince-Lombardi-Trophäe entgegen und rief trotzig: „Wir bringen das Scheißding nach Hause“. Das war es aber mit öffentlicher Genugtuung, obwohl er allen Grund gehabt hätte, die Bühne des Hundert-Millionen-Publikums zur Revanche zu nutzen: Zu Beginn der Spielzeit war der Quarterback aufgrund der so genannten Deflategate-Affäre für vier Spiele von der NFL gesperrt worden.

In einer Playoffpartie vor zwei Jahren hatten die Patriots wohl den Luftdruck der Spielbälle manipuliert – ob Brady davon wusste, konnte nie zweifelsfrei geklärt werden. NFL-Chef Roger Goodell wurde bei der Siegerehrung folglich ohrenbetäubend ausgepfiffen.

NFL-Chef ausgepfiffen
Dass die Patriots-Fans ihrem Ärger überhaupt Luft machen konnten, war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Denn die Atlanta Falcons sahen bei ihrer zweiten Super-Bowl-Teilnahme nach 1999 wie sichere Sieger aus. Im zweiten Viertel drehte die beste Offen-sive der Liga unwiderstehlich auf, und deren Spielmacher Matt Ryan zeigte mit fast abso-luter Präzision, warum tags zuvor er – und nicht Brady – zum Liga-MVP gewählt wurde.

Spätestens als Falcons-Verteidiger Robert Alford kurz vor der Halbzeit einen Brady-Ball abfing und in die Endzone trug, schien das Spiel beim Zwischenstand von 21:0 entschieden. Mit diesem Fehler stellte Brady auch einen zweifelhaften Rekord ein, über den er nun lachen kann: Es war seine 31. so genannte Interception in einem Playoffspiel.

Lady Gaga blieb zahm
„Eine Hälfte wie ein Albtraum“, urteilte die „USA-Today“ und das Netz lästerte ungehemmt: Superstar Lady Gaga, die bei ihrer Half Time Show zahm blieb und sich mit einem kurzen Woody-Guthrie-Folksong nur eine klitzekleine Spitze gegen US-Präsident Donald Trump leistete, sei erfolgreicher als alle Offensivspieler der Patriots. Immerhin fing die Sängerin bei ihrem Bühnenabgang einen glitzernden Paillettenball relativ sicher.

Auch Bradys Sympathie für Trump, für die er sich zuletzt immer wieder rechtfertigen musste, provozierte viel Schadenfreude, die am Ende aber ins Leere ging. Denn in den letzten 17 Minuten der Partie gelang Brady und Teamkollegen ein Comeback der Sonderklasse, an das sich selbst die vielen Patriots-Kritiker lange erinnern werden.

Endlich zeigte die beste Abwehr der Liga ihre Klasse und erstickte Atlantas Versuche im Keim. Offensiv leistete das Team von Trainer Bill Belichik mit dem Rücken zur Wand schier Unglaubliches. Alleine der Wahnsinns-Fang von Julian Edelman, der kurz vor Ende der regulären Spielzeit noch den Ausgleich einleitete, wird in die Football-Geschichte eingehen.

Schließlich war es James White vorbehalten, den Ball zum kaum noch für möglich gehaltenen Sieg in die Endzone zu laufen. In jedem anderen Spiel wäre der Running Back mit seinen drei Touchdowns wohl der große Held gewesen. Doch an diesem unglaublichen Abend in Texas stand ein anderer uneingeschränkt im Mittelpunkt.

Diesen Artikel mit Freunden teilen?

    Kommentar verfassen