Was die USA auf politischer Ebene erleben, hat auch eine sportliche Vorgeschichte: Vor gut dreißig Jahren rüpelte der heutige US-Präsident Donald J. Trump durch die Welt des American Football. Eine Mischung aus Geltungsbewusstsein, Gier und Ungeschick ließ viele Verlierer zurück.
Still schläft der Astrodome in Houston, schwarze Schlieren ziehen am Waschbeton runter. Wenn in der Nacht zum Montag der Super Bowl LI die Gespaltenen Staaten von Amerika für wenige Stunden vorm Fernseher vereint und keine hundert Meter weiter im NRG-Stadium die 51. Auflage des Endspiels im American Football steigt, liegt die erste überdachte Mehrzweck-Arena der Welt als Sarkophag brach daneben.
Das war mal ganz anders, einst wurde der Astrodome als „8. Weltwunder“ gefeiert. Er war die Heimat des NFL-Teams Houston Oilers und der Baseball-Mannschaft Astros, bot Rodeo, Wrestling oder einen Parteitag der Republikaner. In den Achtzigern traten unter seinem Dach auch die Houston Gamblers an – als Teil einer neuen Football-Liga, deren Untergang Donald J. Trump nach herrschender Meinung entscheidend vorantrieb.
Liga mit Problemen, aber einer Perspektive
Die Geschichte der United States Football League USFL handelt vom amerikanischen Traum, von einer Marktlücke im Sportbusiness. Drei Jahre lang, von 1983 bis 85, nutzten einige findige Geschäftsleute die bis dahin footballfreie Zeit im Frühjahr und Sommer für ihre Zwecke, ehe die Idee durch Narzissmus, Gier und Skrupellosigkeit erstickt wurde. Die „Huffington Post“ fragte schon vor Amtsantritt des 45. US-Präsidenten: „Macht Trump mit Amerika, was er einst mit der USFL getan hat?“
Die Anti-Liga hatte Startprobleme. Die Stadionsuche war schwierig, die selbst auferlegte Gehaltsobergrenze schnell aufgeweicht. Das Fan-Interesse schwankte regional so stark, dass die Ungeduld einige Klubbesitzer mehrfach in andere Städte trieb. Von Anfangs 12 Teams wuchs die Liga – wirtschaftlich womöglich zu schnell – bald auf 18. Trotzdem besaß die Liga eine Perspektive. Gut 25.000 Zuschauer lockte das Spektakel bei netten Temperaturen in die Arenen. Dem etablierten Sender ABC und dem damaligen Branchenneuling ESPN war das Spektakel beachtenswerte TV-Verträge wert.
Steve Young als Aushängeschild
Mit neuen Regeln entwickelte die USFL den Sport weiter und setzte sich von der National Football League ab. Jubel-Choreos in der gegnerischen Endzone wurden ausdrücklich ermutigt, schon damals stand das Kürzel NFL auch für „No Fun League“. Die so genannte two point conversion schaffte dank der USFL den Sprung vom College zu den Profis. Mit dieser Regel kann ein Team nach einem Touchdown mit einem weiteren Spielzug zwei zusätzliche Punkte holen anstelle des einen, den der obligatorische Feldtorversuch hergibt. Ebenso ist die challenge heute im Regelkanon der NFL fest verankert – also die Möglichkeit eines Trainers, eine Entscheidung per Videobeweis überprüfen zu lassen.
Das Niveau der Liga war erstaunlich gut. Gleich drei Gewinner der begehrten Heisman-Trophy entschieden sich für die USFL, also die besten Nachwuchsspieler ihres Jahrgangs. Folglich hinterließ die USFL ein reiches Erbe. Große Karrieren starteten hier: etwa die von Reggie White bei den Memphis Showboats, vor zwanzig Jahren Schlüsselspieler beim Super-Bowl-Sieg der Green Bay Packers. Oder die von Jim Kelly, Astrodome-Held für die Houston Gamblers, der später die Buffalo Bills in vier Super Bowls in Folge führte. Selbst Steve Young, Quarterback-Legende der San Francisco 49ers begann seine Profilaufbahn bei L.A. Express in der USFL. Insgesamt schafften 187 Spieler später den Sprung in die NFL.
Publicity für die Außenseiter
Wirtschaftlich begann die Liga durchaus solide, anfängliche Verluste waren im Businessplan vorgesehen und sollte durch nachhaltiges Wirtschaften mittelfristig ausgeglichen werden.
Nach dem Ende der ersten Saison stieg Donald Trump in die Liga ein.
Im Herbst 1983 residierte der damals 37-Jährige gerade ein halbes Jahr in seinem frisch errichteten Protz-Tower in Manhattan und war auf Marketing-Mission. Schlagzeilen um jeden Preis. Jeder Amerikaner sollte seinen Namen kennen. Am besten würde dabei der Besitz eines Teams in der besten Liga der Welt helfen, doch der elitäre Kreis der Klubbesitzer in der NFL lehnte den Emporkömmling womöglich aus den gleichen Gründen ab wie das New Yorker oder aktuell das Washingtoner Establishment: zu grell, zu laut, zu rüpelhaft. Ein USFL-Team musste als Eratz herhalten.
Trump angelte sich die New Jersey Generals, und die junge Liga war zunächst froh war über die Publicity. Sportlich waren die Generals wenig erfolgreich, aber in Herschel Walker hatte das Team einen der besten Running Backs der Football-Geschichte in seinen Reihen. Im mächtigen Markt New York konnte der Football-fremde Trump mit einen solchen Investment kaum Fehler machen.
Schlimmste Sieg der Karriere
Für Trumps Ambitionen war das aber nicht genug. Es dauerte nicht lange, bis er die Sport-Supermacht NFL frontal angriff. „Wenn der liebe Gott Football im Frühling wollte, hätte er nicht Baseball erfunden“, tönte das PR-Talent und ging all in – alles oder nichts. Sein Ziel: auch in der zweiten Jahreshälfte spielen und damit die NFL direkt herausfordern. Die mächtige Konkurrenz, so das Kalkül, würde letztlich eine Teil-Fusion der Ligen als das kleinere Übel sehen und wenigstens einige USFL-Teams in den elitären Kreis aufnehmen.
Denn parallel überzog Trump die NFL mit einer durchaus bedrohlichen Monopolklage. Streitwert: 1,7 Milliarden Dollar. Obwohl die TV-Partner insgesamt satte 245 Millionen Dollar für die kommenden drei (ESPN) bzw. vier (ABC) Frühlings-Spielzeiten boten, folgten die Klubbesitzer lieber dem vagen Versprechen ihres neuen Lautsprechers. Auch, weil John Basset, die Liga-Stimme der Vernunft und hartnäckiger Verfechter der Ausweich-Saison, an einem Gehirntumor erkrankte und bald starb. Der Weg war frei für Trumps Schulhofrüpel-Gehabe.
Scheck über 3 Dollar, 76 Cents
Doch der Immobilien-Tycoon hatte zu hoch gepokert. „Wir alle wussten: Damit begeht die Liga Selbstmord“, erklärte Steve Young jüngst aus Sicht der damaligen Aktiven. Von der Fusion wollte die NFL nichts wissen. Und vor Gericht errang Trump den wohl schlimmsten Sieg seiner Karriere: Zwar bekam die Liga Recht, es wurde ein NFL-Monopol bei den TV-Verträgen festgestellt. Doch entlarvten die Richter Trumps Versuch, Kasse zu machen und sprachen der USFL lediglich 1 symbolischen Dollar zu.
Daraus wurden 3 Dollar, weil sich die Summe in so genannten Anti-Trust-Verfahren automatisch verdreifacht. Und letztlich 3 Dollar 76 Cent, weil auf dem erfolglosen Klageweg zum Supreme Court Zinsen hinzukamen. Der Scheck der NFL wurde nie eingelöst. Es war das Ende für die USFL, zur Saison 1986 traten die Klubs gar nicht mehr an. Mehrere Hundert Mitarbeiter der Liga verloren ihre Jobs, die Eigner große Teile ihrer Investitionen. Trump selbst verpasste die Gelegenheit, ein Superteam zu bekommen. Seine Generals sollten in der nächsten Spielzeit mit den Houston Gamblers verschmelzen, jener Mannschaft aus dem Astrodome.
“P.S. Du bist ein Loser”
Für Trump waren das trotzdem nur „kleine Kartoffeln“, wie der Milliardär Jahre später in einer Dokumentation lapidar sagte. Damit verhöhnte er im Emmy-preisgekrönten ESPN-Kurzfilm „Small Potatoes. Who killed the USFL?“ die Verlierer seines Donald-First-Gebarens.
Gegenüber Filmemacher Michael Tollin zeigte er bereits 2009 auch schon jene Umgangsformen, die ihn aktuell bei Twitter „auszeichnen“. Eine schriftliche Einladung zur Film-Premiere sandte Trump an Tollin kommentiert zurück: „Eine drittklassige Dokumentation“ stand in Filzstift am Rand, und drunter: „P.S. Du bist ein Loser“.