Oft gescholten und fast schon abgeschrieben – doch im Saisonendspurt dreht der Armenier groß auf. Auch dank Mchitarjans Vorlagen steht Borussia Dortmund nach dem 32. Spieltag auf einem Europa-League-Platz.
Die Ansprüche bleiben groß bei Borussia Dortmund, das musste Henrich Mchitarjan kurz vor Schluss im früheren Westfalenstadion erfahren. Nach zwei Torvorlagen beim souveränen 2:0-Sieg über Hertha BSC durfte sich der Armenier eigentlich schon als Matchwinner fühlen, als Kapitän Mats Hummels auf den gerade gefoulten und sich am Boden krümmenden Mittelfeldspieler einstürmte und ihn wütend anpflaumte. Dem BVB-Anführer hatte missfallen, dass Mchitarjan zuvor seinen Gegenspieler tunneln wollte. So etwas Unnötiges – das war Hummels klare Ansage – wird im Saisonendspurt der Westfalen nicht geduldet.
Denn zuviel steht auf dem Spiel. Durch den dritten Heimsieg in Folge ohne Gegentor springt der zwischenzeitlich ans Tabellenende abgestürzte Vizemeister auf den siebten Rang. Der würde am Ende für einen Platz in der Europa League reichen. Die Borussia könnte mit einem internationalen Startplatz im Gepäck einigermaßen sorgenfrei zum DFB-Pokalfinale nach Berlin reisen – ohne Druck, unbedingt gewinnen zu müssen. Kein Wunder, dass Trainer Jürgen Klopp die Aussicht auf ein Happy End dieser verrückten Saison euphorisch kommentierte: „Rang sieben fühlt sich für uns an wie der Platz an der Sonne.“
Seit Klopps Abschied zehn von zwölf Punkten
Dass der BVB das Minimalziel überhaupt noch erreichen kann, dafür ist auch der oft gescholtene Mchitarjan verantwortlich. Seine Bilanz in den vergangenen vier Pflichtspielen: ein Tor und fünf Torvorlagen, darunter auch der Assist, der Dortmund im DFB-Pokalhalbfinale beim FC Bayern im Rennen hielt. In der gesamten Saison zuvor war ihm nicht annähernd so viel Zählbares gelungen. Stets gehörte der vermeintliche Fehleinkauf in den Medien zu den ersten Streichkandidaten für den Neuanfang im Sommer.
Kurioserweise fällt Mchitarjans Aufschwung nun zeitlich genau zusammen mit der Abschiedstour von Noch-Trainer Klopp. Zufall? Wahrscheinlich. Genau wie die Tatsache, dass der BVB seit Klopps angekündigter Demission zehn von zwölf möglichen Punkten in der Liga geholt hat. „Wenn ein Zusammenhang bestehen würde, wäre ich gleich Anfang der Saison zurückgetreten und wir wären schön durchmarschiert“, flachste Klopp.
Erster Treffer für Durm
Gegen die Hertha übernahm Mchitarjan wie schon zuletzt Verantwortung für die Standards. Erneut hatte er damit Erfolg. Nachdem ihm bereits vor eine Woche in Hoffenheim die Ecke vorm 1:1-Ausgleich glückte, legte er gegen die Berliner perfekt für Verteidiger Neven Subotic auf, der in der neunten Minute per Kopf sein 15. Bundesliga-Tor erzielte. Mchitarjan war auch Ausgangspunkt beim 2:0. Direkt nach der Pause setzte der 26-Jährige im Umschaltspiel Erik Durm ein, dem mit einem schönen Schlenzer sein erstes Bundesliga-Tor gelang.
Mchitarjan hätte seinen Auftritt sogar noch mit einem eigenen Treffer krönen können. Doch die Borussia spielte gegen eine völlig überforderte Hertha, die unversehens zurück in den Abstiegskampf rutscht, ihre Konter nicht zielstrebig genug aus. Bei einem übersah Shinji Kagawa den deutlich besser postierten Mchitarjan.
“Er wollte Miki wachrütteln”
Vielleicht hätte sich der Mittelfeldspieler als Torschütze ja die skurrile Auseinandersetzung mit Hummels erspart. Dem Zwist wollte beim BVB aber ohnehin niemand größere Bedeutung beimessen. „Das ist menschlich, die Spieler zeigen Emotionen“, sagte Klopp und nahm seinen Kapitän in Schutz. „Er wollte Miki wachrütteln. Und beide haben sich in der Kabine auch schon ausgesprochen. Alles gut.“ Auch Hummels bemühte sich, der Geschichte schnell die Schärfe zu nehmen: “Ps: Habe @HenrikhMkh schon gesagt, dass es “harscher” aussah als es gemeint war. Hab ihn nur gebeten in den Räumen nicht mehr zu dribbeln”, twitterte der Abwehrchef und schloss den Beitrag mit einem Smiley. Schließlich eint beide Akteure die Aussicht, in der Liga und im Pokal unversehens noch große Ziele erreichen zu können.
Pingback: Borussia Dortmund nach 34 Spieltagen in der Saison 2014/2015 > Borussia Dortmund, Fußball > ballspielfinale, Bundesliga, BVB, DFB-Pokal, Rückblick, Saison 20142015