Der Champions-League-Held von 1997 ist Endspiel-Botschafter der UEFA und Glücksfee für die Königsklasse. Auch bei Borussia Dortmund mischt der frühere Ausnahmestürmer wieder mit. Doch auf die ganz große Bühne will Riedle nicht zurück – er hat eine bessere Alternative.*
Das Glück des FC Bayern liegt nun in den Händen eines früheren Dortmunders: Wenn Freitag ab 12 Uhr im schweizerischen Nyon das Halbfinale der Champions League ermittelt wird, zieht BVB-Legende Karl-Heinz Riedle für die UEFA die Los-Kugeln aus dem Topf. Den FC Barcelona würden sich die Münchner vermutlich gerne fürs Endspiel aufheben. Obwohl – nach der irren Gala gegen Porto ist den Bayern wohl jeder Gegner recht. Riedle drückt dem früheren Rivalen in jedem Fall die Daumen: „Für den deutschen Fußball wäre es klasse, ein Team im Finale zu haben.“
zdfsport.de: Herr Riedle, wie wird man eigentlich Endspiel-Botschafter bei der UEFA?
Karl-Heinz Riedle: “Wir hatten bereits einige Berührungspunkte, zum Beispiel durch Spiele früherer Champions-League-Legenden. Vor dieser Saison stellte der Verband eine Liste mit Kandidaten auf, die für die „Road to Berlin“ in Frage kommen. Ein Gremium um UEFA-Chef Michel Platini hat sich dann für mich entschieden.“
Da mussten Sie vermutlich nicht lange überlegen…
Riedle: „…nein, es ist ja ein große Ehre, Botschafter für Deutschland und für dieses Endspiel am 6. Juni im Berliner Olympiastadion zu sein.“
Wie groß ist die Belastung, für Europas Klubs Schicksal zu spielen?
Riedle: (lacht) „Man muss nicht studiert haben, um bei der Auslosung die Kugeln aufzuschrauben. Obwohl das gar nicht so einfach ist, weil die UEFA die immer recht hart verschließt. Das kann schon tricky sein vor laufenden Kameras….“
Neben den europaweit beachteten Auslosungen absolviert Riedle weitere Auftritten für die UEFA. Den nächsten am 27. April, wenn die Champions-League-Trophäe feierlich an Berlins Regierenden Bürgermeister übergeben wird.
Es ist nicht der einzige Job, mit dem Riedle gerade zurück in den Fokus drängt. Zuletzt war der 49-Jährige im Fernsehen wieder mehrfach ein gefragter Experte. Und seit November 2014 ist er in offizieller Mission unterwegs: als „Internationaler Markenbotschafter“ für Borussia Dortmund.
Was genau sind Ihre Aufgaben beim BVB?
Riedle: „Die Borussia hat durch ihren Aufschwung weltweite Aufmerksamkeit und Sympathie erzeugt. Da ergeben sich neue Geschäftsfelder, in Ländern wie Indonesien, Thailand oder Japan. Im Sommer machen wir eine Asien-Tour mit einigen Freundschaftsspielen. Ich stehe als Gesicht des BVB zur Verfügung, etwa für Interviews und Fernsehtermine. Wir waren gerade erst für einige Aktionen mit BVB-Sponsoren in Singapur, wo Dortmund ein Büro eröffnet hat.“
Bei den Westfalen wird Kopfball-Ungeheuer „Air“ Riedle bis heute als Legende verehrt. Vor dem jüngsten Duell mit Juventus Turin in der Königsklasse huldigte ihm die Südtribüne des früheren Westfalenstadions mit einer tollen Choreo. „Das war ein wahnsinnig emotionaler Moment. Auch für Lars Ricken und Ottmar Hitzfeld, die ebenfalls auf dem überdimensionalen Bild verewigt waren.“
Der Absturz des Vizemeisters in der aktuellen Saison hat den früheren Stürmer überrascht. Auch der Abschied von Trainer Jürgen Klopp. „In Dortmund geht eine Ära zu Ende, das ist schade. Jürgen hat beim BVB Unvergleichliches geschaffen, beinahe aus dem Nichts“, sagt Riedle. „Wir hatten in den Neunzigern auch eine tolle Mannschaft, aber die war mehr oder weniger zusammengekauft.“ Klopps Nachfolger Thomas Tuchel sieht er indes vor einem schweren Erbe: „Der Vergleich zur Ära Klopp schwebt stets über allem.“
Hat die Krisensaison des BVB Auswirkungen auf Ihre neue Rolle?
Riedle: „Zugegeben, der Zeitpunkt ist nicht ideal, weil kommende Saison die Auftritte in der Königsklasse wegfallen. Die bringen weltweit nun mal die größte Aufmerksamkeit. Aber die jüngsten Erfolge sind noch überall im Gedächtnis, darauf können wir aufbauen. Und hoffentlich kehrt der BVB bald in die Champions League zurück.“
Dortmund setzt darauf, dass Riedles Name global nachhallt. Im Lebenslauf des Weltmeisters von 1990 stehen schließlich auch Engagements in Italiens Serie A sowie in der Premier League. 2001 hatte er seine aktive Karriere in England beendet.
Danach glückte ihm in Oberstaufen der Sprung in die Selbständigkeit: mit einer Fußballschule und einem eigenen Sporthotel. In der Idylle der Heimat ist Riedle zur Ruhe gekommen und hat für sich das große Los gezogen – fernab vom stressigen Tagesgeschäft des Profifußballs.
Reizt Sie eine Rückkehr ins Big Business Bundesliga, vielleicht als Sportdirektor?
Riedle: „Nein, ich habe überhaupt keine Ambitionen, irgendwo als Manager einzusteigen und Gas zu geben. Ich habe eine Familie mit drei Kindern, meine Fußballschule und mein Hotel hier im Allgäu. Ich bin mit meinem Leben sehr glücklich. Ich muss nicht auf die große Bühne zurück.“
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* Publikation mit freundlicher Genehmigung von zdfsport.de