Dortmunds T-Frage: vergeblicher Punktsieg für Langerak?

Beim Remis gegen Anderlecht macht der BVB-Keeper mit einer Glanzparade beste Eigenwerbung. Ob das im Wettstreit mit dem Konkurrenten Roman Weidenfeller wirklich weiterhilft, ist aber fraglich.

Nur zwölf Minuten dauerte es, bis Mitchell Langerak zum ersten Mal wirklich beweisen durfte, warum er zurzeit im Tor von Borussia Dortmund steht. Beim Stande von 0:0 stürmte Aleksandar Mitrovic alleine auf die provisorische Nummer eins des BVB zu, doch der Angreifer des RSC Anderlecht scheiterte am Australier. Souverän verhinderte der Keeper einen frühen Rückstand im letzten Vorrundenspiel der Champions League und wahrte damit Dortmunds Chance auf Rang eins in der Gruppe D.

Am Ende hieß es 1:1, und neben beiden Teams konnte sich auch Langerak als Punktsieger fühlen. Doch ob ihm die Glanzparade im Duell mit Weltmeister Roman Weidenfeller um den Platz im Tor des Vizemeisters auch mittelfristig wirklich weiterhilft?

Langerak: “Keine Ahnung, wie es weitergeht”
“Roman ist die Nummer eins, ich bin die Nummer zwei. Etwas anderes würde ich nur sagen, wenn ich schon 40 oder 50 Spiele gemacht hätte”, sagte der Australier nach der Partie ganz bescheiden. Damit erwiderte er die Höflichkeit des Kontrahenten, der ihm vor dem viel beachteten Wechsel im Tor der wankenden Liga-Größe als fairer Sportsmann Glück gewünscht hatte.

Eine klare, anders lautende Aussage von BVB-Trainer Jürgen Klopp gibt es zu dieser Personalie bislang nicht, das bestätigt auch Langerak. “Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht. Aber es war schön, heute in der Champions League zu spielen.” Klopp mag sich bislang nicht festlegen, offenbar befindet sich der Coach noch in der Findungsphase, was die Reichweite dieser wichtigen Entscheidung angeht.

Keine schnelle Rolle rückwärts
Der Wechsel von Langerak auf Weidenfeller vor fünf Tagen war für Klopp das größtmögliche Zeichen, das er der Mannschaft in der Stunde der schlimmsten Krise als Bundesliga-Schlusslicht geben konnte. Niemand ist sich seines Platzes sicher, sollte das heißen, nicht einmal ein Weltmeister mit der Erfahrung aus 321 Liga-Partien für den BVB.

Für den Moment hat das funktioniert, im Spiel gegen die TSG Hoffenheim riss sich das Team endlich zusammen und erkämpfte sich mit stark verbesserter Einstellung einen 1:0-Sieg, der als Befreiungsschlag verstanden wurde und von dem sich Dortmund die Trendwende erhofft. Langerak hatte dabei nicht eine einzige Möglichkeit, sein Können unter Beweis zu stellen, aber darauf kam es letztlich auch nicht an. Dass Klopp aber nach dem vom Ergebnis her gelungenen Experiment keine Rolle rückwärts machen konnte, versteht sich von selbst.

Nach der Winterpause wird Weidenfeller gebraucht
Das muss jedoch nicht so bleiben, jedenfalls mittelfristig. Wahrscheinlich erscheint, dass Langerak zunächst die Hinrunde als Nummer eins weiterspielt, in der Winterpause aber die Karten neu gemischt werden. Denn alles andere wäre fahrlässig vom BVB. Nationalspieler Langerak ist gerade erst für Australiens vorläufigen Kader des Asien Cups nominiert worden, der vom 9. bis zum 31. Januar ausgetragen wird. “Ich will dabei sein. Es ist eine Ehre für mich”, sagte der Keeper. Die Nummer zwei der Socceroos wird also vermutlich die komplette Bundesliga-Vorbereitung verpassen und – falls seine Nationalmannschaft weit kommt – auch den Rückrunden-Auftakt in Leverkusen.

Es deutet also einiges darauf hin, Weidenfeller nach der Winterpause wieder ins BVB-Tor zurückzuholen. Dafür spricht auch, dass Klopp inzwischen bemüht ist, im Verhältnis zum degradierten Weidenfeller zu deeskalieren. “Ich vertraue Roman zu hundert Prozent”, sagte Klopp schon zuletzt und legte nun nach: “Es war abgesprochen, dass Mitch das Champions-League-Spiel kriegt. Das hat mit der Gesamtsituation nichts zu tun.”

Stolze Serie – mit einem Makel
Eine rein sportliche Entscheidung bei diesem Torwarträtsel ist kaum zu sehen. Beide Keeper liegen in ihrem Leistungsvermögen dicht beieinander. Weidenfeller hat zwar jüngst einige Schwächen gezeigt, wie in Köln oder Frankfurt in der Liga. Seine Defizite als mitspielender Torwart sind ohnehin seit Jahren bekannt. Dafür dürfte der 34-Jährige seinem Herausforderer in Sachen Reaktionsstärke auf der Linie immer noch überlegen sein. Außerdem spielt er im Mannschaftsgefüge eine bedeutende Rolle.

Langerak ist vielleicht der etwas bessere Fußballer und niemand beim BVB hat ein mulmiges Gefühl, wenn er aushilft. Aber als überragender Nachwuchskeeper der Marke Neuer, als “logischer Nachfolger Weidenfellers” ist er in den vier Jahren beim Revierklub aber auch nicht aufgefallen. Zwar wird bei jeder Gelegenheit auf seine stolze Serie verwiesen, in der Liga überhaupt erst ein Spiel verloren zu haben. Dass er in 12 Bundesliga-Auftritten aber auch schon 16 Gegentreffer kassierte, fällt meistens wohlwollend unter den Tisch.

Beide Keeper auf dem Prüfstand
Gut möglich, dass nach der Winterpause das Wechselspielchen auf dieser so neuralgischen Position erst einmal weitergeht. Ebenso gut möglich, dass der BVB inzwischen nach einer externen Lösung für die Torwartfrage sucht. Sicher kann sich jedenfalls keiner der beiden aktuellen Kontrahenten in Dortmund mehr fühlen.

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